Kontakte zu Zeitzeugen und deren Nachfahren

Im Laufe seiner langjährigen Vereinsgeschichte konnte der Freundeskreis viele ehemalige jüdische Mitbürger in Neuwied empfangen, die als Kinder und Jugendliche den Nazi-Terror in ihrer Heimatstadt miterlebt haben und die teilweise erst im hohen Alter die Kraft fanden, noch einmal an den diesen Ort zurückzukehren.

Diese Zeitzeugen wird es in naher Zukunft nicht mehr geben.

Umsomehr setzt sich der DIF für die Aufrechterhaltung des Kontakts zu der Kinder- und Enkelgeneration ein, von denen sich schon viele in Neuwied auf die Suche nach den Spuren ihrer Vorfahren begeben haben. Stellvertretend möchten wir von zwei dieser Besuche der letzten Jahre berichten.

 

Nach 80 Jahren Besuch in der Heimatstadt

Nach 80 Jahren Besuch in der Heimatstadt: Hilda Spanier und Lore Brenauer-Moser
Hilda Spanier (3.v.li.) und Lore Brenauer-Moser (2.v.re.) mit ihren Verwandten am jüdischen Denkmal in der Synagogengasse

Im August 2017 begrüßte Rolf Wüst, Vor­stands­mitglied des DIF, Hilda Spanier und Lore Brenauer-Moser mit ihren Verwandten in ihrer Heimatstadt. Als sie im Dezember 1937 mit ihren Eltern in die USA fliehen mussten, wurden sie als 9 bzw. 10 Jahre alten Kinder jäh aus ihrer vertrauten Lebenswelt herausgerissen.

Die Eltern von Hilda Spanier besaßen ein Schuh­geschäft auf dem Luisenplatz (früher Witte, heute Café Geisen). Die Eltern von Lore Brenauer-Moser führten einen Uhrenladen in der Pfarrstraße. Lore Brenauer-Moser hatte sich geschworen, nie mehr nach Deutschland und Neuwied zurückzukehren, während Hilda Spanier schon zum zweiten Mal mit Ihrer Tochte in Neuwied war. Rolf Wüst führte die Besucher durch die Innenstadt und auf den jüdischen Friedhof in Niederbieber. Natürlich kannten die beiden Damen Neuwied nicht mehr wieder, aber Namen von jüdischen Mitbürgern auf den Stolpersteinen und auf den Grabsteinen des  jüdischen Friedhofs waren ihnen noch bekannt.

Wie bewegend und ergreifend für die Besucherinnen ein Wiedersehen mit der Stadt ihrer Kindheit im Wissen um die eigene Bedrohung und das schreckliche Schicksal der vielen anderen sein muss, können wir nur erahnen. Hilda Spanier: "Neuwied hat sich sehr verändert. Es ist belastend, Stolpersteine für Menschen zu sehen, die ich kannte. Sie wurden wie meine Verwandten ermordet." Beide Damen machten jedoch auch deutlich, dass sie froh und dankbar waren, Neuwied wiedergesehen zu haben und erlebt zu haben, dass man hier der jüdischen Gemeinde und ihren Opfern ein ehrendes und somit versöhnendes Andenken bewahrt.

 

Auf Spurensuche in Neuwied

Ehepaar Foley auf Spurensuche in Neuwied
Ehepaar Foley aus Texas

Das Ehepaar Foley aus Dallas, Texas folgte im Juni 2016 in Neuwied den Spuren ihrer jüdischen Vorfahren Heinrich und Margarethe Rosenberg, geb. Rothschild, die in der Heddesdorfer Straße / Ecke Augustastraße ein Maler- und Anstreicher­geschäft besaßen.

Während ihres Aufenthaltes in Neuwied wurden Megan und Aron Foley von Rolf Wüst begleitet, der sie zu den Stolpersteinen für Megans Urgroßeltern und über den jüdischen Friedhof Niederbieber führte.

Heinrich und Margarethe Rosenberg ließen vermutlich um 1937 in Neuwied Malergeschäft und Wohnung hinter sich und zogen mit ihren Kindern Horst, Elma und Ilse nach Hamburg in der Hoffnung auf Schutz in der Anonymität der Großstadt. Jedoch schon bald nach ihrer Ankunft in Hamburg wurden Heinrich Rosenberg und sein Sohn Horst von der Gestapo verhaftet. Durch die Bemühungen der Ehefrau Margarete und wohl wegen Heinrich Rosenbergs Tapferkeitsauszeichnung im 1. Weltkrieg wurden sie zunächst wieder freigelassen. Aber für das Ehepaar Rosenberg war dies nur ein Aufschub. Am 25. Oktober 1941 wurden beide in das KZ Lodz (Litzmannstadt) deportiert und dort am 26. September 1942 ermordet.

Tochter Ilse war bereits 1937 nach Den Haag geflohen und heiratete dort Moszek (Max) Sztyzer. Das Ehepaar wurde 1943 mit seinen drei Kindern zunächst in das KZ Herzogenbosch/Kamp Vught deportiert, später in das KZ Sobior verschleppt und dort am 16. Juni 1943 durch Gas ermordet. Einzig ihr Mann Max Stzycer überlebte. Nach Deportationen über Auschwitz nach Buchenwald wurde er dort von der US-Armee befreit.

Tochter Elma wanderte 1939 nach England aus, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2015 lebte. Aus ihrer Ehe mit Sidney Korer gingen zwei Kinder hervor.

Sohn Horst suchte zunächst Zuflucht in China. Später zog er in die USA, wo er eine Familie gründete. Er ist Megan Foleys Großvater. Sein Elternhaus in der Heddesdorfer Straße 30 ist in umgebauter Form erkennbar noch erhalten.

Malergeschäft Rosenberg
Malergeschäft Rosenberg in der Heddesdorfer Straße (um 1930)
ehemaliges Rosenberg-Haus, Ansicht heute
Ansicht 2019
Horst und Ilse Rosenberg
Horst (re.) und Ilse (2.v.r.) Rosenberg
Fotos von links nach rechts: Fam. Jepson (USA); Christine Welter; Sobibor-Stiftung, Voorburg (NL)
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