Gedenkstein für die Engerser Opfer und Verfolgten der Nazi-Zeit

Engers, Kunosteinplatz!--» auf der Karte anzeigen-->
einweihungsveranstaltung
Rund 100 Bürger:innen nahmen an der Einweihungsfeier teil. Der Engerser Musiker Herbert Schmidt begleitete die Veranstaltung mit jiddischen Stücken auf dem Akkordeon.

 

Bericht über die Einweihung des Gedenksteins für die Engerser Opfer und Verfolgten der NS-Zeit am Samstag, dem 9. April 2022.

 


 

Gedenkstein
Gedenkstein auf dem Kunosteinplatz

Es hatte lange gedauert, bevor in Engers ein dauerhafter Gedenkort für die Verfolgten der NS-Zeit geschaffen werden konnte. Aber am Samstag, dem 9. April war es soweit: Nach rund dreißig Jahren NS-Recherche und Erinnerungsarbeit wurde auf Initiative einer kleinen überparteilichen und überkonfessionellen Projektgruppe ein Gedenkort für die Engerser Opfer und Verfolgten eingeweiht.

Zu diesem Ereignis waren rund 100 Bürger:innen aus Engers und Umgebung auf dem Kunosteinplatz im Stadtteil Engers erschienen, die vom Sprecher der Gruppe, Günther Salz, herzlich begrüßt wurden. Sodann stellte er die Opfer und Verfolgten vor, die am schwersten unter dem Nazi-Regime gelitten hatten und über die am meisten bekannt ist: die jüdische Familie Mendel, den Engerser Kommunisten Heinrich Josef Günter und den polnischen Zwangsarbeiter Franciszek Matczak.

Nach der Darstellung der Lebensschicksale der drei bekannten Opfer und Verfolgten benannte Josef Kretzer weitere Engerser, die vom NS-Regime drangsaliert wurden, über die man aber nur Einzelheiten weiß. Beispielsweise die Geschwister von Moritz Mendel, von denen Franziska Herz mit ihrem Mann im März 1942 von Bendorf-Sayn aus deportiert wurde, den sozialdemokratischen Gemeinderat Christian Mülbach, der zweimal in Schutzhaft kam, den Ehemann von Gretel Matheis, der monatelang im Gefängnis saß, einige Pfadfinder, denen man nachstellte und den widerspenstigen Jakob Pütz, den man für einige Tage ins Koblenzer Gestapo-Gefängnis brachte.

Nach den Schilderungen der Opfer und Verfolgtenschicksale regte der Engerser Musiker Herbert Schmidt mit meditativ vorgetragenen jiddischen Stücken auf dem Akkordeon das Nachsinnen und Nachfühlen der Zuhörer:innen an.

Anschließend sprachen Oberbürgermeister Jan Einig und Ortsvorsteher Dieter Neckenig Worte des Gedenkens und lobten die Initiative der Engerser Bürgergruppe. Sie wünschten sich, dass mit der Erinnerung an die Vergangenheit auch Engagement für die Gegenwart und der Einsatz für Frieden, Toleranz und Demokratie verbunden sein möge.

Die danach folgenden Gedenkworte bezogen sich auf die einzelnen Opfer und Verfolgten von Engers:
Mit Blick auf das Judentum und Familie Mendel hob Berthold Langenfeld die jüdische Kultur der Erinnerung als Errungenschaft für die Welt hervor. Beispielhaft für diese zitierte er das 1942 verfasste Gedicht des jüdischen Religionsphilosophen Schalom Ben-Chorin über die Blüte des Mandelbaums als Zeichen für unauslöschliche Hoffnung auch in katastrophalen Situationen.
Mit Bezug auf Heinrich Josef Günter trug Anne Basten Auszüge aus dem "Schwur von Buchenwald", dem Vermächtnis des kommunistischen Gefangenen vor. Darin wurde vehement eine vollständige Überwindung des Nazismus und die Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit gefordert

Unter Bezugnahme auf Franziszek Matczak las Helmut Gelhard Auszüge aus zwei Briefen des jüngeren Bruders des Getöteten vor, die dieser 1995 am Günther Salz gerichtet hatte. Darin berichtete er, dass seine Familie erst durch dessen Recherchen Genaueres über die Hinrichtung seines Bruders im Engerser Feld erfahren habe.

Manfred Pohlmann beschloss die Reihe der Wortbeiträge mit einem eindruckvollen Lied des polnisch-jüdischen Dichters Hirsch Glik. Darin wird von einer jungen Partisanin erzählt, die mit einer einzelnen Kugel einen Munitionstransport der Nazis zum Stehen brachte. Grund neuer Hoffnung für eine neue Generation freier Menschen.

Vor der abschließenden Einsegnung des Gedenksteins sprachen Pfarrer Hartmut Ohlendorf und Dekan Peter Dörrenbacher abwechselnd biblische Texte und Fürbitten, wobei sie auch auf die Gegenwart zu sprechen kamen. Für uns Heutige sei es geboten, das Gedenken aus Widerstand gegen jegliche Form von Gewalt und Unterdrückung zu praktizieren. Auf solchem Tun ruhe Gottes Segen.
So vorbereitet, luden die beiden Pfarrer zur ökumenischen Einweihung des Gedenksteins ein. Gemeinsam baten sie Gott um den Segen für den Gedenkort und die versammelten Menschen. Mit einem gemeinsamen "Vater unser" wurde die Einsegnung beschlossen.

Günther Salz sprach am Ende der Feierstunde allen Teilnehmer:innen und allen, die die Einweihung mitgestaltet hatten sowie den Personen und Institutionen, die geholfen hatten das Projekt zu realisieren, seinen herzlichen Dank aus.

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