Kulturelle Angebote

Herbert Kutscher liest Rose Ausländer
Herbst 2019: Herbert Kutscher (†) liest Rose Ausländer, musikalisch begleitet von Klezmer-Musiker Georg Brinkmann
Foto: Hans Hartenfels

Insbesondere im Rahmen der alljährlichen Veranstaltungsreihen zum Gedenken an die Reichspogromnacht 1938 bieten wir kulturelle Veranstaltungen an, wie z.B. Lesungen oder musikalische Darbietungen. Leider mussten die Vorhaben für 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie verschoben oder abgesagt werden.

Lesungen mit Herbert Kutscher

Rose Ausländer
Rose Ausländer
Foto: picture alliance/dpa

Im November 2019 folgten zahlreiche Zuhörer einer Lesung von Herbert Kutscher, der leider inzwischen verstorben ist. Unter dem Motto „Wirf deine Angst in die Luft“ widmete sich Kutscher der 1901 in Czernowicz in der Bukowina geborenen jüdischen Schriftstellerin Rose Ausländer.

Als ihr Vater 1920 starb, bestimmte die Mutter, die die Familie nicht mehr ernähren konnte, dass Rose in die USA auswanderte. Rose empfand das lebenslang als Verstoß. In New York heiratete sie ihren Studienfreund Ignaz Ausländer. Um ihre kranke Mutter zu pflegen kehrte sie immer wieder nach Czernowicz zurück. Zwischen 1941 und 1944 versteckte sie sich mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder vor den Nazis und entging so der Deportation. Trotz vieler Bedenken kehrt sie nach dem Krieg zurück nach Deutschland und entwickelte eine rege Vortragstätigkeit. Nach ihrem Tod 1988 hinterließ sie über 3000 Gedichte und wurde damit zu einer der beliebtesten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit.

Herbert Kutscher zitierte aus den verschiedenen Schaffens­perioden der Schriftstellerin. Der Klezmermusiker Georg Brinkmann aus Bonn gab der Lesung einen würdigen musikalischen Rahmen.

Selma Merbaum
Selma Merbaum
Foto: yadvshem.org

Die beiden Protagonisten waren gern gesehene Gäste beim Neuwieder Publikum. Im November 2017 las Herbert Kutscher unter dem Titel „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ Gedichte der 18jährigen Selma Merbaum-Eisinger. Sie wurde am 5. Februar 1924 in Czernowitz, Großrumänien geboren. Im Juni 1942 wurde Selma mit ihren Eltern aus dem Ghetto in Czernowitz in das Zwangsarbeitslager Michailowka deportiert, wo die Häftlinge unter der Leitung der SS Schwerstarbeit verrichten mussten. Am 16. Dezember 1942 starb Selma entkräftet vom Fleckfieber. Das Werk Selma Merbaums umfasst 57 Gedichte, die auf Einzelseiten handgeschrieben in einem Album mit dem Titel "Blütenlese" gebunden sind. Ihre Gedichte werden mittlerweile zur Weltliteratur gezählt.

Mascha Kaleko
Mascha Kaleko
Foto: Gisela Zoch-Westphal

Im November 2015 las Herbert Kutscher Gedichte von Mascha Kaleko (1907 - 1975). Die Tochter eines jüdisch-russischen Kaufmanns und einer österreichischen Mutter zählt zu den bedeutensten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts. Im Alter von 22 Jahren begann sie Gedichte in Zeitungen zu veröffentlichen. 1933 feierte sie mit dem „lyrischen Stenogrammheft“ ihren ersten großen Erfolg. Dieses Werk entging noch knapp der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten. Nachdem ihre Bücher als „schädliche und unerwünschte Schriften“ verboten wurden, emigrierte sie 1938 in die USA, 1959 siedelte sie nach Israel über. Ihre Gedichte erzählen von Liebe und Einsamkeit, von Ungleichheit und finanzieller Not, getragen von Melancholie, Humor und einem scharfen politischen Geist.

Lizzy Doron stellt ihr neues Buch vor

Im Jahr 2018 stellte die israelische Schrifstellerin Lizzy Doron zum Abschluss der Veranstaltungsreihe zum 40jährigen Bestehen des Deutsch-Israelischen Freundeskreises Neuwied im gut besuchten Café Auszeit ihr neuestes Werk „Sweet Occupation“ vor.

Lizzy Doron
Foto: Heike Bogenberger

Lizzie Doron, geboren in Tel Aviv als Tochter einer Holocaust-Überlebenden, war in Israel eine prominente literarische Vertreterin der sogenannten „Second Generation“ der Shoa. Dies hat sich gründlich geändert, seit sie ihr Thema wechselte und sich den gegenwärtigen Problemen Israels und der Region zuwandte. Vertreter der israelisch-palästinensischen Friedensorganisation „CombatantsforPeace“ traten nämlich an Lizzie Doron mit der Bitte heran, ein Buch über ihre Friedensbemühungen als „Friedenskämpfer“ zu schreiben.

Es kostete Doron – völlig sozialisiert in der gegenwärtigen, durch Feindbilder definierten Stimmungslage in der Region – allergrößte Überwindungen, sich schließlich auf Interviews von drei Palästinensern und zwei Israelis einzulassen, die sich alle in den kriegerischen Auseinandersetzungen und den beiden Intifadas schuldig gemacht hatten, die sich nun aber im Bemühen um Frieden völlig auf Gewaltverzicht eingeschworen hatten.

Die leidvollen Lebensgeschichten, die schmerzlichen Erfahrungen und Gewissensbisse dieser fünf Männer bewegen uns zutiefst. Sie zeigen, dass durch Krieg und Gewalt Täter wie Opfer sich gleichermaßen entmenschlichen und immer neu eine Spirale von Hass und Gewalt erzeugen. Ebenso überzeugend ist der Wandel der Erzählerin von Angst und Misstrauen zum Nachdenken und Zutrauen zu fremden Menschen und ihren von tiefer Menschlichkeit bestimmten Zielen.

Am Abend zuvor waren zufällig zwei Vertreter dieser „Friedenskämpfer“ bei Eirene in Neuwied zu Gast und stellten ihre Organisation und ihre Aktivitäten vor. Leider konnten beide Veranstaltungen nicht koordiniert werden. Wer jedoch Gelegenheit zum Besuch beider Begegnungen hatte, ging sicherlich getröstet und mit größerem Vertrauen in die Macht von Versöhnungs- und Friedensbemühungen von Menschen guten Willens nach Hause. Die bewegende Predigt von Pfarrer Werner Zupp im ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die Reichspogromnacht hatte am Sonntag zuvor das Thema der Versöhnung im Nahen Osten theologisch wie politisch äußerst engagiert und ausgewogen behandelt und so das Grundthema der diesjährigen Jubiläumsveranstaltungen des DIF angeschlagen.

Musikalische Events aus den vergangenen Jahren:
Konzert mit Duo Tangoyim und eine jüdische Zeitreise mit Dany Bober

Duo Tangoyim (Foto: Clemens Fischer)
Dany Bober (Foto: Jörg Niebergall)

Im September 2011 gab das Duo Tangoyim im Kirchensaal der Brüdergemeine temperamentvolles Konzert mit schnellen Tänzen und jiddischen Liedern aus Osteuropa. Die beiden Künstler Stefanie Hölzle und Daniel Marsch entführten das Publikum in die eigenwillige Harmonik und die schnellen Melodiewechsel der jiddischen Musik.

Was sich zunächst fremdartig anhörte, riss die Zuhörer nach kurzer Zeit durch seine schwungvolle Dynamik und die überzeugende musikalische Leistung der beiden Interpreten mit. Am Ende des zweistündigen Konzerts ließen die begeisterten Zuhörer das Duo nicht ohne Zugaben von der Bühne.

Zum Auftakt des 73. Jahrestages der Reichspogromnacht hatten der Deutsch-Israelische Freundeskreis und das Café Auszeit zu einer „jüdischen Zeitreise“ mit Dany Bober eingeladen. In den unterschiedlichsten Darbietungsformen nahm Dany Bober die Zuhörer mit auf eine furiose Reise von der Zeit vor der Zeitenwende bis hin zum Warschauer Ghetto und zum Holocaust. Mit chassidischen Volksliedern, synogalen Gesängen, aber auch Anekdoten und jüdischen Spottgeschichten auf die Nazis - die er mit Herz und Charme, aber auch mit religiösem Tiefgang vortrug - zog der Frankfurter Künstler die Zuhörer in seinen Bann. Dany Bober, Sohn eines 1938 nach Israel ausge­wanderten Juden, kehrte 1956, im Alter von acht Jahren mit seiner Familie ins heimatliche Frankfurt zurück.

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